Lager XI Groß Hesepe
Die Justizverwaltung ließ das Lager XI Groß Hesepe im Juni 1938 für insgesamt 1.000 Strafgefangene fertigstellen, um das System der emsländischen Strafgefangenenlager von sieben auf fünfzehn Lager auszubauen und mehr Strafgefangene zur Moorkultivierung einsetzen zu können.
Bevor die Justiz das Lager belegte, wurden Anfang September 1938 sieben Baracken abgebaut und in die Pfalz transportiert, wo Strafgefangene zur Zwangsarbeit beim Bau von Festungsanlagen am sogenannten Westwall eingesetzt waren. Nach dem Rücktransport der Baracken konnte der Wiederaufbau des Lagers erst im Mai 1939 abgeschlossen werden. Es wurde vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht mehr mit Strafgefangenen belegt.
Nach Kriegsbeginn im September 1939 übernahm das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) das Lager als Kriegsgefangenenlager und ordnete es als Zweiglager dem Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager (Stalag) VI C Bathorn zu. 1939 war es ein Durchgangslager für polnische Kriegsgefangene. Ab 1941 war es zunächst mit französischen und später mit sowjetischen Kriegsgefangenen belegt.
In den Kriegsgefangenenlagern im Emsland und der Grafschaft Bentheim waren im September 1940 insgesamt 27.750 französische Kriegsgefangene interniert. Erst im Juni 1940 war nach der Einnahme Frankreichs durch deutsche Truppen ein Waffenstillstand geschlossen worden. In der Folgezeit wurden rund 1,6 Millionen französische Soldaten als Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht. Die in den Kriegsgefangenenlagern im Emsland und der Grafschaft Bentheim internierten französischen Kriegsgefangenen mussten vorrangig in Arbeitskommandos in der Landwirtschaft arbeiten.
Einer dieser französischen Kriegsgefangenen war Jean-Noël Voleau, der von Februar 1941 bis Juni 1942 im Kriegsgefangenenlager XI Groß-Hesepe inhaftiert war. Ihm gelang es, bei seiner Gefangennahme und auch später bei der Ankunft im Lager seine Retinette Kodak-Kamera zu verstecken. So machte er während seiner Gefangenschaft Aufnahmen des Lageralltags, der Baracken, seinen Mitgefangenen und sich selbst. Die Fotografien gehören damit zu den sehr seltenen Aufnahmen, die Gefangene selbst und heimlich in den NS-Zwangslagern gemacht haben und die dadurch nicht die Perspektive der Täter teilen.
Durch viele Aufnahmen ist überliefert, dass sich in den Emslandlagern unter den französischen Kriegsgefangenen eine Lagerkultur entfalten konnte. Unter anderem sind auch Programmblätter von Varieté-Veranstaltungen und Musikaufführungen erhalten.
Ab Juli 1944 brachte die Wehrmacht mehr als 2.000 italienische Militärinternierte im Lager XI Groß Hesepe unter.
Nach der Befreiung durch alliierte Truppen Anfang April 1945 war das Lager noch einige Jahre Unterkunft für ehemalige Kriegsgefangene und später für ehemalige Zwangsarbeiter. Seit 1948 ist das Lager eine Strafanstalt der niedersächsischen Justiz. Die historischen Baulichkeiten wurden in den 1970er Jahren weitgehend abgetragen.