Lager IX Versen
Das Lager IX Versen wurde im Sommer 1938 als Strafgefangenenlager der Justizverwaltung für insgesamt 1.500 Gefangene fertiggestellt. Im Mai 1939 wurden die ersten Strafgefangenen eingewiesen und im Sommer war das Lager mit bereits ca. 900 Gefangenen belegt.
Nach Kriegsbeginn im September 1939 übernahm das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) neun der 15 Emslandlager, darunter auch das Lager IX Versen. Das OKW richtete in Versen nun ein Mannschaftsstammlager (Stalag) zur Unterbringung von Kriegsgefangenen ein. Das Lager IX Versen wurde so zum Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager VI B, dem die Zweiglager Oberlangen, Wesuwe und Fullen unterstellt waren. Im Mai 1942 gliederte das OKW das Stalag IV B Versen und seine Zweiglager dem Mannschaftsstammlager VI C Bathorn an.
Im Dezember 1939 war das Lager Versen mit 50 Kriegsgefangenen belegt. Die Zahl erhöhte sich bis September 1941 auf insgesamt 21.632 Gefangene, die im Stalag IV B Versen einschließlich seinen Zweiglagern interniert waren. Damit waren die für 5.000 Gefangene ausgelegten Lager drastisch überfüllt. Die Lebensbedingungen verschlechterten sich dadurch immens. Unter ihnen befanden sich mehrheitlich französische und sowjetische Kriegsgefangene. 1943/44 wurden im Lager Versen vor allem italienische Militärinternierte untergebracht.
Bis 1941 wurden die Kriegsgefangenen auch zur Moorkultivierung herangezogen. Später arbeiteten sie in der Landwirtschaft und gewerblichen Betrieben, vor allem in Ziegeleien, Tongruben und Torfwerken.
Ab November 1944 übernahm die SS das Lager als Außenlager des KZ Neuengamme (bei Hamburg). Die KZ-Häftlinge mussten im Winter 1944/45 Verteidigungsstellungen anlegen. Anfang 1945 waren im Lager Versen 2064 Häftlinge aus 23 Nationen interniert: Unter ihnen auch 75 Dänen.
Wegen unzureichender Ernährung, Kleidung und Unterbringung starben bei dem harten Arbeitseinsatz hunderte Häftlinge. Hinzu kamen willkürliche Übergriffe der Wachmannschaften. Für die dänischen Häftlinge verbesserte sich die Situation im Lager mit dem Eintreffen erster Roter-Kreuz-Pakete im Januar 1945 etwas. Die Pakete des Internationalen Roten Kreuzes enthielten Kleidung und Lebensmittel.
Einer der dänischen Häftlinge im Lager Versen war Karl Salling Møller.
Karl Salling Møller wurde 1925 in Dänemark geboren und erlebte die Besetzung Dänemarks durch deutsche Truppen 1940 als Jugendlicher. 1943 schloss er sich einer Widerstandsgruppe gegen die deutsche Besatzung an und wurde 1944 verhaftet. Über verschiedene Gefängnisse und Lager kam er im Oktober 1944 in das KZ Neuengamme und am 15. November mit ca. 2.000 Gefangenen, darunter 200 Dänen, nach Versen. Auch er erhielt im Januar 1945 ein Paket des Roten Kreuzes, welches - so sagte er später selbst - sein Leben rettete. Am 25. März 1945 wurde das Außenlager Versen aufgrund der heranrückenden alliierten Truppen aufgelöst. Die SS schickte die KZ-Häftlinge auf 'Evakuierungsmärschen' über Cloppenburg in Richtung Neuengamme. 72 dänische Häftlinge - unter ihnen auch Karl Salling Møller - und vier Norweger waren bereits vor der Auflösung des Lagers, am 16. März 1945, mit weißen Bussen aus dem Lager Versen nach Neuengamme transportiert worden. Diese sogenannte "Aktion Weiße Busse" oder auch "Aktion Bernadotte" war eine von dänischen, norwegischen und schwedischen Behörden veranlasste Rettungsaktion skandinavischer Häftlinge aus deutschen Konzentrationslagern. Am 20. April 1945 wurde Karl Salling Møller in Neuengamme befreit und mit den weißen Bussen zurück nach Dänemark gebracht.
Nach der Befreiung durch alliierte Truppen und dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren im Lager noch wenige Jahre befreite Kriegsgefangene und später ehemalige Zwangsarbeiter untergebracht. Seit den 1950er Jahren nutzt die niedersächsische Justiz das Lager als Strafanstalt. Die historischen Gebäude wurden größtenteils in den 1970er Jahren abgetragen.
Auf der Kriegsgräberstätte Versen, dem ehemaligen Lagerfriedhof des Lagers Versen, befinden sich heute noch, nach Exhumierungen in den 1950er Jahren, die Grabstätten von 297 Häftlingen, die im Lager Versen zur Zeit der Nutzung als Außenlager des KZ Neuengamme gestorben sind. Ebenso ruhen hier 71 im Jahr 1955 hierher umgebettete KZ-Häftlinge der emsländischen Konzentrationslager Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) und der Gedenkstätte Esterwegen werden gemeinsam Schülerinnen und Schülern der 11. Jahrgangsstufe des Windthorst-Gymnasiums in Meppen neue 'Erinnerungstafeln' erstellt.