Ein Lagerstandort als Konfliktlandschaft

An der Universität Osnabrück bildete sich seit 2015 die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Konfliktlandschaften (IAK) unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Rass aus den Forschungsdisziplinen der Archäologie, Geschichtswissenschaft, Geophysik/Geographie, Kunstdidaktik und Kunstgeschichte. Die Arbeitsgruppe befasst sich seitdem aus unterschiedlichen Perspektiven mit sogenannten Konfliktlandschaften (conflict landscapes), von Gewalt gezeichnete Orte und Räume sowie Transformationsprozesse und Deutungen. Zuletzt erschienen die ersten Bände der neuen Reihe Konfliktlandschaften bei Vandenhoeck & Ruprecht.
Der Ansatz der Konfliktlandschaftsforschung verbindet die Untersuchung der materiellen und diskursiven Produktion von Konfliktlandschaften mit der Analyse ihres Ausdrucks in Narrativen, Bilder, Texte, materieller Beschaffenheit, Praktiken und Ritualen des Umgangs mit ihnen.

In mehreren Prospektionen hat sich die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Konfliktlandschaften in den letzten Jahren intensiver mit ehemaligen Gewaltorten im Kontext der Emslandlager beschäftigt. Im durch die BKM geförderten Projekt Boden|Spuren. Gewaltorte als Konfliktlandschaften in der Geschichtskultur im Rahmen von ,Jugend erinnert’ führten die Gedenkstätte Esterwegen und die Universität Osnabrück mit Studierenden von 2020-2022 einmal jährlich in einer sogenannten Herbstschule zur genaueren Untersuchung von drei Standorten ehemaliger Lager- bzw. heutiger ,Kriegsgräberstätten’ durch. Im April 2020 veröffentlichte die Arbeitsgruppe ein umfassendes Working Paper zum Ort des "Herold"-Massakers im Lager II Aschendorfermoor. Im selben Jahr fand erstmals die Herbstschule Aschendorfermoor auf dem Gelände des ehemaligen Lagers statt. 2021 folgte in Dalum (Geeste) die Herbstschule Dalum , während derer umfassend das jeweilige Gelände prospektiert wurde, um Spuren der historischen Kontexte sowie der jahrzehntelangen Transformation zu detektieren und zu dokumentieren. Dabei wurden unter anderem digitale Teilmodelle der Kriegsgräberstätte entworfen. Im Jahr 2022 folgte die dritte Prospektion Herbstschule Esterwegen auf dem Geländes des ehemaligen Lager II Esterwegen, an dem sich heute die Gedenkstätte Esterwegen befindet. Schwerpunkt war hier vor allem die Untersuchung der ehemaligen Schießbahn der Wachmannschaften als ,Täterort’, die damit einen Kontrast zu den zuvor fokussierten Untersuchungsgegenständen darstellte.