Ein unsichtbarer Tatort?
Zwischen 1933 und 1945 existierten im Emsland und in der Grafschaft Bentheim insgesamt 15 Konzentrations-, Strafgefangenen- und Kriegsgefangenenlager. Diese sogenannten Emslandlager1 dienten im Terrorsystem des NS-Regimes der Verfolgung und Inhaftierung von Menschen, die aus der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft ausgegrenzt werden sollten. Insgesamt waren in den Emslandlagern etwa 180.000 Menschen inhaftiert, von denen mehr als 20.000 die Haft nicht überlebten.
Befindet man sich heute am ehemaligen Standort des Lagers II Aschendorfermoor, schaut man auf einen Acker. Von dem ehemaligen Strafgefangenenlager und Tatort eines Massakers ist nichts mehr zu sehen. Dennoch lassen sich im Boden - nach geoarchäologischen Messungen - untertägig und oberflächlich noch Spuren und Hinweise auf die Ereignisse im Lagerkontext im Zeitraum von 1935 - 1945 finden. Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Konfliktlandschaftsforschung (IAK) der Universität Osnabrück und die Gedenkstätte Esterwegen erschließen seit 2020 in einem gemeinsam durchgeführten 'Jugend-erinnert'-Projekt mithilfe von geoarchäologischen Methoden den gewaltüberformten Ort.
Diese digitale Ausstellung möchte das Lager II Aschendorfermoor näher in den Blick nehmen und die Spuren des Lagers sichtbar machen. Konkret steht die Transformation des ehemaligen Lagergeländes des Strafgefangenenlagers II Aschendorfermoor im Vordergrund, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Komplex der Emslandlager steht. Für die Errichtung von Lagern an mehreren Standorten im Emsland - auch in Aschendorfermoor - waren vor allem die damaligen Gegebenheiten und die Nutzung der freien Flächen im Emsland entscheidend. Diese Bedingungen bewirkten auch, dass die Gefangenen des Lagers Aschendorfermoor zur Zwangsarbeit im regionalen Moor eingesetzt wurden. Unter dem Menüpunkt Strafgefangenenlager II Aschendorfermoor erfahren Sie mehr zur Geschichte des Lagers, seiner Struktur sowie der sozialen Zusammensetzung der Gefangenen.
Ein Massaker kurz vor Kriegsende und die Transformation des Lagergeländes nach 1945 veränderten das Gelände dieses Ortes der Gewalt bis in die Gegenwart stark. Die aktuelle Forschung sowohl im Rahmen einer Herbstschule des Projektes 'Jugend-erinnert' auf dem ehemaligen Lagergelände als auch im Rahmen der Gedenkstättenarbeit wird auf den letzten Seiten dieser Ausstellung beschrieben.
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[1] Die Kursivsetzung von einzelnen Wörtern kennzeichnet in dieser digitalen Ausstellung jeweils besonders hervorzuhebende Eigenbegriffe, die auf Eigennamen verweisen oder aus historischen Kontexten wie dem Nationalsozialismus stammen. Erstere dienen dem Verweis auf Institutionen, Eigenbegriffe, etc., von letzteren möchten wir uns als Autor:innen abgrenzen, nutzen zeitgenössische Begriffe aber aufgrund des hier vorgestellten historischen Kontextes. Die Kursivsetzung wird jeweils bei der Erstnennung auf jeder Seite vorgenommen.