Lager XIII Wietmarschen

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Stalag VI C, Zweiglager Wietmarschen um 1939.

(Quelle: Archiv der Gedenkstätte Esterwegen, Slg Titz)

Das Lager XIII Wietmarschen wurde im Mai 1938 als Strafgefangenenlager der Justizverwaltung für 1.000 Gefangene fertiggestellt, jedoch nicht mehr als dieses genutzt. Ebenso wie in Groß Hesepe und Oberlangen wurden im Sommer 1938 einige Baracken abgebaut und in die Pfalz transportiert, wo Strafgefangene zur Zwangsarbeit beim Bau von Festungsanlagen am sogenannten Westwall eingesetzt waren.
Die Baracken wurden im Mai 1939 zurück nach Wietmarschen transportiert und dort als Lager aufgebaut. Nach Kriegsbeginn im September 1939 übernahm das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) das Lager als Kriegsgefangenenlager und ordnete es als Zweiglager dem Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager (Stalag) VI C Bathorn zu. 1939 war es ein Durchgangslager für polnische und westeuropäische Kriegsgefangene.

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Sowjetische Kriegsgefangene, vermutlich bei ihrer Ankunft im Stammlager VI C Bathorn.

(Quelle: Archiv der Gedenkstätte Esterwegen)

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 gerieten hunderttausende sowjetische Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Bereits im September des gleichen Jahres sind in den Kriegsgefangenenlagern im Emsland und der Grafschaft Bentheim rund 22.641 sowjetische Kriegsgefangene interniert.
In den Kriegsgefangenenlagern wurden sie aufgrund der nationalsozialistischen Rassenideologie und des Antibolschewismus nicht nach den Vorgaben der Genfer Kriegsgefangenenkonvention von 1929 behandelt. Die unzureichende Verpflegung, die schlechte Unterbringung sowie sich ausbreitende Krankheiten führten zu einem Massensterben bereits im Oktober 1941.

Ein Zeitzeuge aus Hoogstede-Bathorn erinnerte sich 1990 wie folgt an die sowjetischen Kriegsgefangenen:

"Die Franzosen waren immer voll in Kleidung gewesen, mit Schuhen und allem, das dazugehörte – die Russen nicht. Ich erinnere mich noch gut an ein russisches Arbeitskommando […], die marschierten von Alexisdorf zu Fuß Richtung Hoogstede. Draußen herrschte der Winter, es hatte gerade geschneit, das [sic] musste der Großteil der russischen Männer barfuß im Schnee zur Arbeit laufen, weder mit Leder- noch mit Holzschuhen oder Fußlappen, nichts […] Die waren wie im Hochsommer angezogen."1

Aufgrund des steigenden Arbeitskräftebedarfs im Deutschen Reich wurden die sowjetischen Kriegsgefangenen ab 1942 auch in der Landwirtschaft, vor allem aber in Arbeitskommandos im Ruhrbergbau eingesetzt. Nach einigen Monaten der Ausbeutung kamen sie häufig entkräftet von dort zurück in das Zweiglager Wietmarschen und starben dort. 

Die im Lager Wietmarschen verstorbenen Kriegsgefangenen wurden bis zum Kriegsende 1945 in der Regel auf dem Friedhof in Dalum beerdigt. Auf der Kriegsgräberstätte Füchtenfeld (Lager Wietmarschen) ruhen heute etwa 150 zumeist namentlich bekannte Kriegsgefangene. Im Rahmen eines laufenden Projektes des Archivs der Gemeinde Geeste in Kooperation mit der Gedenkstätte Esterwegen tragen ehrenamtlich tätige Interessierte Lebensdaten verstorbener sowjetischer Kriegsgefangener in einer Datenbank zusammen, um die Erinnerung an diese zahlenmäßig größte Opfergruppe in der Region wachzuhalten. Sie finden das daraus entstandene Gedenkbuch hier.

Nach Kriegsende diente das Lager bis November 1945 zur Unterbringung ehemaliger ziviler, überwiegend polnischer Zwangsarbeiter (Displaced Persons/DPs), im Anschluss als Lager für Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Ab 1946 entstand hier die neue Wohnsiedlung 'Füchtenfeld'. 1993 stellte der Landkreis Emsland eine Informationstafel auf, die 2012 aktualisiert wurde.

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[1] Interview mit Hermann Kronemeyer, Hoogstede-Bathorn, 16. Februar 1990, aus: Lager unterm Hakenkreuz, Nordhorn 1990.

Lager XIII Wietmarschen