Lager XV Alexisdorf

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Stalag VI C, Zweiglager Alexisdorf 1942.

(Quelle: Archiv der Gedenkstätte Esterwegen, Slg Titz, Repro: Ruth Prinz)

Das Lager XV Alexisdorf wurde im Mai 1939 als Strafgefangenenlager der Justizverwaltung für 1.000 Gefangene fertiggestellt. Bis zur Übernahme des Lagers durch das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) nach Kriegsbeginn im September 1939 wurden hier jedoch keine Strafgefangenen mehr inhaftiert. Das OKW unterstellte das Lager XV Alexisdorf als Zweiglager dem Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager VI C Bathorn. Fortan wurde es als Kriegsgefangenenlager genutzt.

1939/40 diente das Lager XV Alexisdorf vorrangig als Durchgangslager für polnische und westeuropäische Kriegsgefangene.

Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. In der Folge gerieten rund 400.000 polnische Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Die Wehrmacht versagte ihnen allerdings eine Behandlung nach den Vorgaben der Genfer Kriegsgefangenenkonvention von 1929. Im Oktober 1939 wurden ca. 10.000 polnische Kriegsgefangene in den Kriegsgefangenenlagern im Emsland und der Grafschaft Bentheim untergebracht. Sie wurden häufig binnen kurzer Zeit in andere Lager weiterverlegt. Ab Juni 1940 verlegte die Wehrmacht mehr als 2.000 polnische Fähnriche (Offiziersdienstgrad in der Armee) in einzelne Kriegsgefangenenlager im Emsland. Generell verbot die Genfer Konvention den Arbeitseinsatz von Offizieren. Dennoch wurden die Fähnriche bis zu ihrer Verlegung in andere Lager im April 1941 bei der Moorkultivierung eingesetzt.

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Transformatorenhaus des ehemaligen Lagers Alexisdorf, heute Neugnadenfeld 2011.

(Quelle: Archiv der Gedenkstätte Esterwegen)

Ab 1941 war das Zweiglager Alexisdorf mit bis zu 3.900 sowjetischen Kriegsgefangenen belegt.

Die im Lager Alexisdorf verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen wurden bis zum Frühsommer 1943 auf dem Friedhof des Lagers Dalum (heute: Kriegsgräberstätte Dalum) beerdigt. Danach wurden sie auf dem Friedhof des Lagers Alexisdorf (heute: Kriegsgräberstätte Großringe/Neugnadenfeld) beigesetzt.

Von April bis Mai 1945 diente das Lager zur Unterbringung befreiter Kriegsgefangener, von Juni bis Dezember 1945 als Unterkunft für ehemalige zivile polnische und ukrainische Zwangsarbeiter (Displaced Persons/DPs).
Ab April 1946 erfolgte der Zuzug von Flüchtlingen aus Mittelpolen, West-und Ostpreußen, Posen und Pommern an den Sammlungsort 'Neugnadenfeld' für durch den Zweiten Weltkrieg verstreute Mitglieder der evangelischen Herrnhuter Brüdergemeinde. Um das ehemalige Lager entstand im Laufe der Zeit eine Wohnsiedlung, das heutige 'Neugnadenfeld'. 1993 stellte der Landkreis Emsland an diesem Ort eine Informationstafel auf, die 2012 aktualisiert wurde. Die Künstlerin Ann-Sofi Sidén gestaltete als Teil der deutsch-niederländischen Skulpturenroute 'kunstwegen' eine sogenannte 'Torfkuppel' ('Turf Cupola'), die sich heute ebenso auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Alexisdorf befindet. An die Geschichte des Lagers Alexisdorf und Neugnadenfelds erinnert auch der Verein Lagerbaracke Alexisdorf-Neugnadenfeld, u.a. im Rahmen einer 2022 aktualisierten Ausstellung. 

Insgesamt waren in den 15 Emslandlagern von 1933 bis 1945 ca. 80.000 KZ-Häftlinge und Strafgefangene und ca. 100.000 Kriegsgefangene inhaftiert. Sie mussten Zwangsarbeit leisten, wurden von den Wachmannschaften drangsaliert und misshandelt. Schätzungweise um die 20.000 Menschen überlebten die Haft nicht.
Das System der Emslandlager zeigt wie komplex und perfide das nationalsozialistische Lagersystem funktionierte.