Das Lager XII Dalum
Der Reichsarbeitsdienst (RAD) errichtete im Mai 1936 die Lager Dalum-Rull und Dalum, um darin bis zu 140 Männer unterzubringen. Bereits 1938 wurden beide Lager wieder aufgelöst. Das Gelände am Rull wurde später zum Lagerfriedhof umfunktioniert, welches im Umfang etwa der heutigen Kriegsgräberstätte entsprach. Um die Baracken am Ort des späteren Wasserwerks entstand bis Mai 1939 - im Zuge des Ausbaus der emsländischen Strafgefangenenlager von sieben auf fünfzehn Lager - das Strafgefangenenlager XII der Justizverwaltung für 1.500 Gefangene. Zu diesem Zeitpunkt war das Lager XII noch ohne Verbindung zur Süd-Nord-Straße. Die Gefangenen erreichten es nach ihrer Ankunft am Bahnhof in Geeste (heute Geeste-Osterbrock) durch einen etwa 10 Kilometer langen Fußmarsch.
Unmittelbar nach Kriegsbeginn übernahm das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) das Lager im September 1939 als Zweiglager des sogenannten Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlagers (Stalag) VI C Bathorn. Untergebracht wurden ausländische Soldaten ohne Offiziersrang. Bis zum Sommer 1940 diente das Lager dann vorrangig als Sammel- und Durchgangslager für Kriegsgefangene. Bereits vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion geplant, erfolgte ab Ende Juli / Anfang August 1941 reichsweit der systematische und flächendeckende Einsatz der sowjetischen Kriegsgefangenen zur Zwangsarbeit, zu der andere Häftlinge im Emsland bereits zuvor eingesetzt worden waren. Ihre Unterbringung erfolgte in kurzerhand neu errichteten sogenannten Russenlagern sowie in bereits bestehenden Lagern, zu denen ab 1941 auch das Lager Dalum gehörte. Lediglich für dieses Jahr kann die Zahl der untergebrachten Personen nachgewiesen werden:
Im Niedersächsischen Landesarchiv finden sich Unterlagen, in denen die Verwaltung die Unterbringung von 4.100 sowjetischen Kriegsgefangenen angibt. In seiner Dissertation wird Martin Koers, Co-Leiter der Gedenkstätte Esterwegen, monatliche Belegungsahlen, die dem Bundesarchiv vorliegen, in Kürze publizieren.
Die sowjetischen Kriegsgefangenen wurden zunächst vorwiegend für Kultivierungsmaßnahmen des örtlichen Moors herangezogen, nach 1941 aber ausschließlich in der Landwirtschaft und bei gewerblichen Unternehmen eingesetzt. Die nationalsozialistische Rassenideologie führte zur rücksichtslosen und menschenverachtenden Behandlung dieser Personengruppe und damit zahllosen Todesfällen. Nach den Vorschriften des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) wurde in dieser Zeit für die Bestattung der toten Kriegsgefangenen, nach Genehmigung der zuständigen zivilen Behörden, ein Areal als Lagerfriedhof ausgewählt und hergerichtet, auf dem, ebenfalls der Vorschrift folgend, verschiedene Abteilungen für die einzelnen Nationalitäten bestanden. Für die Beerdigungen waren die Lagerverwaltungen zuständig.
Im Juni 1942 wurde das zu diesem Zeitpunkt leerstehende Lager der Luftwaffe zur Einlagerung von aus den Niederlanden eingeführtem, nicht näher bekanntem Gerät überlassen. Über den Verbleib der Lagerinsassen ist nichts Konkretes bekannt. Ihre Unterbringung dürfte in den anderen Emslandlagern erfolgt sein. In den Wintermonaten November bis Dezember 1944 erfolgte eine Belegung mit 1.000 bis 3.000 deportierten, wehrfähigen Männern aus Rotterdam sowie Maßnahmen durch die Schutzstaffel (SS), um die Einrichtung des Lagergeländes als Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme vorzubereiten.
Bereits ab Januar des Folgejahres bis zum 24. März wurden hier Häftlinge aus dem KZ Neuengamme untergebracht. Diese wurden zum Bau von Verteidigungsstellungen gezwungen. Wegen unzureichender Ernährung, mangelhafter Kleidung und Unterbringung starben bei dem harten Arbeitseinsatz hunderte Häftlinge. Im März 1945 transportierte die SS die KZ-Häftlinge vor den heranrückenden alliierten Truppen über Cloppenburg zurück in Richtung Neuengamme. Nach Kriegsende ab April/Mai 1945 bis ins erste Halbjahr 1948 werden die Baracken übergangslos als Sammellager ('Transit Camp') für Displaced Persons genutzt. Bis 1954 nutzte die neu gegründete Deutsche Schachtbau- und Tiefbohrgesellschaft mbH (Sitz Lingen) das ehemalige Lager als Unterkunft für ihre Mitarbeiter, nachdem im Zuge des Emslandplans die Förderung von Erdöl in der Region begann. Ab den späten 1950er Jahren wurden alle Baracken durch das sogenannte Barackenräumungsprogramm abgerissen und die Fläche des ehemaligen Lagers zur landwirtschaftlichen Nutzfläche umgewandelt. Seit spätestens Sommer 2022 existieren konkrete Pläne zur Umwandlung des Geländes in einen Gedenkort.